Eine schwierige, ausgesetzte Erstbegehung, die ihn als Bergsteiger herausforderte. Gleichzeitig war er als Künstler eingenommen von dem Berg, der mit seinen vier Gipfeln wie eine Kathedrale zwischen dem Oy- und dem Dietersbachtal so mächtig in den Himmel ragt. Platz war begeistert, doch bald schon forderte die Besteigung vollste Aufmerksamkeit, denn die Gratüberschreitung, die die drei Alpinisten als Erste wagten, erfolgte vom Südostgipfel zum Nordwestgipfel. Sie war erheblich schwieriger als die zwei Jahre später erkundete West-Ost-Überschreitung durch die Gebrüder Enzensperger, weil alle Steilaufschwünge der Grate im Abstieg begangen werden müssen. Daher hat sich auch die Überschreitung von West nach Ost durchgesetzt.
Ein Experte für das Allgäu ist Stefan Meineke, in dessen Allgäu-Kletterführer man über die West-Ost-Überschreitung als allgemeine Tourenbeschreibung nachlesen kann: „... überaus eindrucksvolle, in ihrer Art weit über das Allgäu hinaus einzigartige Klettertour in sehr steilen Grasschrofen. Landschaftlich eindrucksvoll. Absolute Trittsicherheit und vor allem Schwindelfreiheit erforderlich, da der Verbindungsgrat zwischen den Gipfeln extrem ausgesetzt ist. Teilstücke des Grates müssen seilfrei oder am kurzen Seil gleichzeitig begangen werden.“ Und er mahnt: „Die besonderen Umstände dieser Tour führen dazu, dass trotz relativ geringer klettertechnischen
Schwierigkeiten jede Höfats-Überschreitung als ein ernsthaftes Unternehmen betrachtet und dementsprechend gewissenhaft angegangen werden sollte. Die hohen Unfallzahlen sprechen eine deutliche Sprache.“
Nach wie vor ist es eine schöne Traverse“, bestätigt er, „und besonders macht die Traverse, dass sie von den klettertechnischen Schwierigkeiten anders zu klettern ist, was auch den Reiz für einen guten Kletterer ausmacht!“ Man habe kein festes Gestein, dafür sehr viel Gras, betont auch der erfahrene Allgäuer Bergführer. „Damit muss man sich auseinandersetzen und wissen, dass die Kletterei kaum abzusichern ist“, erläutert Müller, was seiner Begeisterung aber kaum Abbruch tut: „Landschaftlich ist die Höfats-Traverse sehr grandios, und ich wüsste nicht, wo so etwas sonst noch steht – es ist eine einmalige Sache!“ Für gute Kletterer sei es eine echte Herausforderung. „Man muss unwahrscheinlich trittsicher sein und Tiefblicke gut wegstecken können, denn es pfeift in alle Richtungen runter!“, meint Müller, auch um vor Leichtsinn zu warnen. Doch eine Modetour wird die Höfats-Traverse sowieso nie werden, denn dafür sind die Bedingungen zu schwierig. „Ich schätze, die Begehungszahlen sind konstant, denn es ist eher etwas für Insider oder sogar etwas, was man mit Insidern machen sollte, denn man muss zur richtigen Zeit dort sein“, betont Dominik Müller. „Regen und Nässe darf es nicht haben, und das Gras muss ordentlich im Saft stehen, damit man etwas zum Halten hat!“
Da ist es doch für die allermeisten weitaus attraktiver, sich den prachtvollen Anblick der Höfats zum Beispiel vom Nebelhorn aus zu Gemüte zu führen!