Die Atmosphäre sucht ihresgleichen. Man spürt rundum nur Begeisterung. Jeder fiebert wohl mit, wenn die Entscheidung naht, wenn unsere Skispringer, unsere Jungs, hoch oben auf der Schanze stehen und hoffentlich den richtigen Wind erwischen. Die rasante Abfahrt in der Hocke im steilen Bergab, dann der Absprung, der Flug! Fast schon sind sie gelandet, doch es geht noch ein Stück, noch ein bisschen weiter, nur noch knapp über dem Boden. Das ist Skifliegen, wie man es liebt. Einfach superspannend, wenn die Bedingungen stimmen. Und Deutschland wurde und wird in dieser Disziplin immer wieder mit tollen Sportlern verwöhnt.
Zur großen Freude der Zuschauer konnte ein Einheimischer vom SC Oberstdorf die Stimmung in höchste Höhen treiben, denn Sepp Weiler legte gleich einmal mit 127 Metern einen neuen Weltrekord hin! Schade nur, dass ein starker Konkurrent aus Schweden ihm diesen sofort wieder abjagte: Dan Netzel übertraf Weiler mit seinem Sprung auf 135 Meter noch einmal deutlich. Am nächsten Tag schaffte es der sympathische Oberstdorfer sogar noch, sich auf 133 Meter zu verbessern, doch trotz dieser hervorragenden Leistung wurde Weiler nochmals von Netzel überflügelt, der wiederum 135 Meter erreichte. So ging Dan Netzel als Sieger mit Weltrekordweite in Oberstdorf bei der ersten Internationalen Skiflugwoche in die Annalen ein! Die spannenden und hochkarätigen Wettkämpfe, bei denen übrigens ein junger Schweizer (Andreas Däscher) als Erster die damals noch neue Flughaltung mit rückwärts angelegten Armen demonstrierte, lösten eine unglaubliche Begeisterung für diesen Sport aus.
Allein am Schlusstag kamen 80.000 Zuschauer, und insgesamt hatten 130.000 Menschen hautnah miterleben wollen, was da hinten im Stillachtal an der nagelneuen Oberstdorfer Skiflugschanze so vor sich ging!
Bild 1: Vorbereitung an der Schanze 1950, Bild 2: Toni Brutscher, Sepp Weiler, Heini Klopfer (Fotohaus Heimhuber)
Denn erst wenige Wochen zuvor, am 15. Dezember 1949, war die damals weltweit größte Schanze ihrer Art eingeweiht worden. Heini Klopfer, zu dieser Zeit schon eine lebende Skispringerlegende des SC Oberstdorf, war hauptberuflich Architekt und hatte das gewaltige Bauwerk – eine Sprungschanze mit wahrhaftem Pioniercharakter – zusammen mit seinem Chef entworfen und die Pläne dank zahlreicher Spenden und Sponsoren auch umsetzen können. Als dann erste Testsprünge gleich über 100 Meter weit gingen, war das der Beginn des Skifliegens in Deutschland. Schon Mitte der 1930er Jahre hatte man erstmals in Planica (im damaligen Jugoslawien) einen Schanzentyp mit ganz neuen Abmessungen gebaut, der die besten Skispringer der Welt fast magisch anzog,
weil dort 1936 schon die 100-Meter-Marke übertroffen worden war – die Geburtsstunde des Skifliegens!
Und weil es in Oberstdorf so schön war, wurde auch die zweite Internationale Skiflugwoche hier abgehalten mit wiederum großem Erfolg: 150.000 Zuschauer versammelten sich 1951 insgesamt unter der Großschanze im Stillachtal. Der Weltrekord des Vorjahres wurde durch den mutigen Finnen Tauno Luiron auf 139 Meter hochgeschraubt, dessen Leistung doppelt bemerkenswert war, weil der Springer vor ihm durch eine Windböe die Kontrolle verloren hatte und schrecklich gestürzt war. Der Finne behielt die Nerven, er wurde belohnt, und sein Weltrekord blieb danach zehn Jahre bestehen! Erst 1961 war wieder einer besser – und wo? Natürlich in Oberstdorf!
Hier erfährst Du mehr zur Geschichte der Heini-Klopfer-Skiflugschanze. Angefangen mit der Holzkonstruktion bis zum schiefen Turm von Oberstdorf und zur Skiflug WM.
Bilder: Fotohaus Heimhuber
Flugtechnik 1950
Vorbereitungen an der Schanze 1950
Toni Brutscher, Sepp Weiler & Heini Klopfer vor der Skiflugschanze